In der letzten Ratssitzung am 27.02.2018 berichtete der Kämmerer Frank Nipken eher beiläufig, dass die im Haushalt veranschlagten Investitionen in Höhe von etwa 6 Mio. € zusammen mit den aus 2017 noch nicht abgeflossenen Investitionsausgaben von ca. 5 Mio. € nicht zusammen im Haushaltsjahr 2018 bewältigt werden könnten. Deshalb plane er eine Haushaltssperre für insgesamt 63 Haushaltspositionen zu erlassen.
Diese Maßnahme kam für die Ratsfraktionen doch sehr überraschend. Markiert sie doch das Ende der Illusion: Geld ist in ausreichendem Maße vorhanden. Insbesondere die UWG-Fraktion nährt diesen Traum gerne aufs Neue. So behauptete der Fraktionsvorsitzende Eric Hoffmann mehrfach in 2017 die Stadt besitze genug Mittel, um den gewünschten Kunstrasenplatz auf der Brede selbst zu finanzieren, auch wenn keine Fördermittel fließen würden.
Es zeigt außerdem, wie wir bei unserer Analyse des Haushaltsentwurfes 2018 die tatsächlichen Verhältnisse richtig eingeschätzt hatten. Hier noch einmal ein kurzes Zitat aus der Haushaltsrede vom 11.12.2017: „Radevormwald – getrieben von Förderkulissen – will zu viel und zu schnell auf einmal. Das hat in mehrfacher Hinsicht fatale Folgen. So steht nach unserer Wahrnehmung die Qualität der Planung, so auch der Finanzplanung, nicht im Vordergrund.“
Das Ende der Träume
So ist es leider nicht! Obgleich die Steuereinnahmen traumhaft sprudeln, die Zinsen für die aufgenommenen Kredite verschwindend gering sind, die Rahmenbedingungen zur Finanzsituation der Stadt damit einmalig günstig sind, ist die Stadt nicht in der Lage, Projekte oder auch nur die Eigenanteile von geförderten Projekten aus der eigenen Finanzkraft zu finanzieren! Die Kasse war und ist leer! Bei aller Projektbegeisterung der vergangenen Jahre, ist dieser Umstand leicht übersehen worden! Jeder Euro, der in das Innenstadtprojekt, in die Jugendbegegnungsstätte, in das angedachte Ämterhaus der Nordstraße usw. fließen soll, muss durch Kreditaufnahme finanziert werden. Und genau da liegt nun das Problem. Da sich Radevormwald in der Phase der Haushaltssicherung befindet, dürfen die langfristig aufgenommenen Kredit (Darlehen) mit denen die Investitionen bezahlt werden, nicht steigen. Durch diese Regel kann die Stadt in einem Jahr nur so viel investieren, wie sie im gleichen Jahr an alten Darlehen zurückgezahlt hat. Dieser Betrag macht etwa 6 Mio. € aus. Wenn also im Haushalt 2018 sechs Mio. neue Investitionen geplant wurden, dürfen aus vorangegangenen Haushaltsjahren nicht noch auf den Weg gebrachte Investitionen, die noch nicht abgerechnet wurden, anstehen. Das war natürlich nie so. Sondern der Kämmerer ist wohl offensichtlich davon ausgegangen, dass im aktuellen Haushaltsjahr in etwa so viel liegen bleibt, wie aus den vorangegangenen Jahren abgearbeitet wird. Das funktioniert nun nicht mehr, weil durch die Vielzahl der Projekte, immer mehr liegen bleibt und damit die erforderliche Investitionsgrenze von 6 Mio. € leicht überschritten wird!
Soweit der Sachverhalt. Nur das ist keine seriöse Finanzpolitik. Der Kämmerer wusste um diese Problematik sehr genau. Und er war es, der in den vergangenen drei Jahren immer wieder aufs Neue den Eindruck erweckte, Radevormwald besitze kein Finanzproblem! Was auch immer an zunächst unvorhergesehenen Ausgaben auf die Stadt zukam, nichts davon stellte für Frank NIpken ein Finanzierungsproblem dar. Der Kämmerer hat Bürgermeister und Rat über die tatsächliche Finanzsituation der Stadt getäuscht! Dazu ein Beispiel: Zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Haushaltes 2018 (Mitte Dez. 2017) kannte der Kämmerer in etwa die nicht verausgabten Investitionen aus dem Haushaltsjahr 2017. Es wäre also notwendig gewesen, den Rat zu informieren und ein Konzept zur Sicherung der Finanzierung zu beraten. Stattdessen erlässt er zwei Monate nach dem Haushaltsbeschluss Haushaltssperren. Dabei ist aber kein System erkennbar. Zunächst wirkt die Haushaltssperre recht global, und soll von Fall zu Fall vom Kämmerer aufgehoben werden. Nach welchen Kriterien bei diesen Fallentscheidungen verfahren werden soll, hat uns der Kämmerer bislang noch nicht verraten. Ein solches Verfahren ist politisch und rechtlich äußerst fragwürdig!!!
Ausblick
Nun könnte man ja die Hoffnung haben, dass mit dem Ende der Phase der Haushaltssicherung im Jahre 2022 sich die Finanzsituation verbessert, weil die Auflagen entfallen. Nach unserer Wahrnehmung ist aber eher mit dem Gegenteil zu rechnen. Die Forderung nach einem ausgeglichenen Haushalt gilt nicht nur für das Jahr 2022, sondern auch für alle folgenden Jahre. Damit kämen alle Projekte an ein abruptes Ende.
Und in dieser Woche ist noch eine weitere Illusion geplatzt. Die Radevormwalder Mehrheitsparteien waren immer der Überzeugung, dass wir eine gute wenn nicht sehr gut gepflegte Schullandschaft besitzen. Der neue Schulentwicklungsplan zeigt jedoch, dass es einen riesigen Investitionsbedarf gibt. Der Kämmerer wollte in der Sitzung des Schulausschusses den Finanzbedarf nicht konkret beziffern, sondern sprach von einem „zweistelligen Millionenbetrag im unteren Bereich“. Nun darf spekuliert werden. Selbst wenn diese Aussage mit etwa 25 – 35 Mio. € übersetzt und der Rat nur die Hälfte der vorgeschlagenen Maßnahmen umsetzen wollte, fehlt uns derzeit die Phantasie, wie ein solcher Finanzbedarf unter den angesprochenen Rahmenbedingungen verwirklicht werden kann.
Es wird Zeit, dass der Kämmerer endlich eine realistische Finanzplanung über das Jahr 2022 hinaus vorlegt!!!!
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