Das Elend der Einzelhandel- und Zentrenkonzepte

Radsprot Nagel in Remscheid-Lennep
Radsport Nagel an seinem bisherigen Standot in Remscheid-Lennep

Seit Beginn der Zweitausender Jahre beobachtete das Land mit Sorge die Tendenz zu großen Einzelhandelsunternehmen in der Peripherie der Städte bei gleichzeitigem Ausbluten der Innenstädte. Insofern ist der Wunsch hier steuernd einzugreifen verständlich.

Auch Radevormwald besitzt seit Anfang der Zweitausender Jahre ein Einzelhandelskonzept. Nun steht die dritte Fassung an. Das derzeit gültige und auch das zukünftige Konzept versucht das Stadtzentrum durch Sortimentslisten zu schützen. Danach dürfen bestimmte Sortimente nur in der Innenstadt angeboten werden. Dieser Ansatz ist hoch problematisch, weil er viel zu kleinschrittig aufgebaut ist. Das derzeitig gültige Konzept kennt eine sogenannte „Radevormwalder Sortimentsliste“ (Seite 62). Wie der Name schon andeutet, handelt es sich hierbei um ein Radevormwalder Spezifikum und nicht um gesetzliche Vorgaben, wie es von der Verwaltung häufig dargestellt wird.1) Hinterfragt man diese Sortimentsliste, beschleicht einen das Gefühl, es sollen nicht Ansiedlungs- und Versorgungswünsche miteinander abglichen, sondern Konkurrenzsituationen vermieden werden. Darüber hinaus, führt diese Sortimentsliste zu einem überaus bürokratischen und kleinteiligen Verfahren. Weiterhin ist es sehr fragwürdig, die Ansiedlungsproblematik in Groß- und Kleinstädten über den gleichen juristischen Rahmen zu schlagen!

Fahrer Team Nagel
Radsport Nagel nimmt regelmäßig an Radsportvreanstaltungen in Radevormwald teil

Das ganze Elend der derzeitigen – und leider wahrscheinlich auch der zukünftigen – Situation wird an dem Ansiedlungswunsch des Unternehmens Radsport Nagel deutlich. Geplant sind etwa 4000 m2 Verkaufsfläche. Die gibt es in der Innenstadt nicht! Deshalb bleibt natürlich nur die Ansiedlung am Rande der Stadt. Nun gehören Fahrräder gar nicht zum sogenannten „zentrumsrelevanten“ Sortiment. Aber ein modernes Fahrradfachgeschäft bietet natürlich auch Radsportbekleidung, Radsportschuhe, Nahrungsergänzungsmittel usw. an. Bekleidung und Schuhe sind zentrumsrelevante Sortimente. Und schon ist der Konflikt da, mit dem sich leicht auch eine Ansiedlung verhindern ließe. Dass das Einzelhandelskonzept von sogenannten „Kernsortiment“ spricht, wird dabei in Radevormwald gerne übersehen. Diese Sortimentslisten verführen eben dazu, dass nicht das Ganze, sondern Details betrachtet werden. Wer im Internet nach Einzelhandelskonzept recherchiert wird schnell feststellen, dass es auch anders geht. Diese kleinteilige Betrachtung ist ein spezielles Muster, das unser beauftragter Planer, die Fa. Junker + Kruse, so handhabt. Andere Planer betrachten eher Bereiche und lassen Spielraum für Einzelfallentscheidungen.

Aufgrund eines Antrages der AL-Fraktion, hat sich der Stadtentwicklungsausschuss mit dem Ansiedlungswunsch der Fa. Nagel beschäftigt und die Verwaltung ist gebeten worden, weiterhin Gespräche mit dem Unternehmen zu führen und möglichst die Ansiedlung zu ermöglichen. Insofern besteht noch Hoffnung, dass für diesen Ansiedlungswunsch eine Lösung gefunden wird!

Obgleich es unbestritten ist, dass eine Ansammlung von sogenannten Vergnügungsstätten (z.B. Wettbüros, Spielhallen etc.) zu einer Abwertung der Innenstadtlagen führt, scheint es rechtlich leider weitaus schwieriger zu sein, diesen Geschäftsbetrieben rechtlich einzuschränken! Schade! Denn wir brauchen sicherlich keine Ansiedlung einer Wettannahmestelle im westlichen Teil des sogenannten Engpasses. Leider waren die Antworten auf die Anfrage der AL-Fraktion höchst unbefriedigend. Selbst die in der Nachbarschaft befindlichen pädagogischen Einrichtungen (Grundschule, Kinderbetreuungseinrichtung) sind nicht mehr Grund genug, um eine solche Ansiedlung zu verhindern, führte die Verwaltung aus. Hier sollte nach unserer Auffassung dringend noch einmal nachgeschärft werden!

In der neuen, noch in der Beratung befindlichen, Fassung des Einzelhandelskonzeptes ändert sich nicht viel. Aber der Wuppermarkt soll in seiner Bedeutung herabgestuft werden. Das ist völlig falsch! Dieser Standort hat nur dank eines überaus engagierten Investors überlebt. Er verdient als herausgehobener Standort behandelt zu werden, um den Niedergang des Quartiers „Wupperorte“ nicht zu provozieren! Aber es scheint so, dass es Innenstadtakteure gibt, die sich über den Erfolg des Standortes und die neue Konkurrenzsituation sich sehr verärgert zeigen.

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1) Die gesetzlichen Grundlagen finden sich z. B. hier: https://www.mhkbg.nrw/sites/default/files/media/document/file/Einzelhandelserlass_NRW.pdf

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