Radevormwald in der finanziellen Sackgasse

Statt notweniger Veränderungen wird zum Weiterso geblasen - die Zeche zahlt der Bürger

Griff in die Geldbörse
Phantasielose Finanzpolitik: Angeblich gibt es nur den Griff in des Bürgers Geldbörse

Kaum ist der Kämmerer in Ruhestand gegangen, schon verdüstern sich die Prognosen. Die Gewerbesteuereinnahmen brechen weg und der Haushaltsausgleich für das Jahr 2022 steht noch nicht einmal mehr auf dem Papier. Das waren die ungünstigen Voraussetzungen unter denen der Rat über den Haushaltsentwurf zu beraten hatte. Niemand will, dass wir den Haushaltsausgleich 2022 verfehlen und damit weitere „finanzielle Strafmaßnahmen“ riskieren. Aber wie so oft, der Weg dorthin ist sehr umstritten. AL, Grüne und SPD hatten in einem gemeinsamen Antrag die vom Gesetzgeber neu geschaffenen Möglichkeit eines „Globalen Minderaufwandes“ von 1 % vorgeschlagen. Das hätte bedeutet, dass die Verwaltung im Laufe des Haushaltsjahres sich überlegen mußte, an welchen Stellen des Haushaltes Einsparungen möglich sind. Die Verwaltung in – krankheitsbedingter – Abwesenheit des Bürgermeisters deutete an, dass eine solche Maßnahme für Radevormwald als Haushaltssicherungskommune nicht rechtskonform sei. Das ist grundlegend falsch. Noch bevor aber die Verwaltung überhaupt Stellung zu diesem Antrag genommen hatte, glaubte der Fraktionsvorsitzende der RUA Thomas Lorenz zu wissen, dass unser Antrag nicht rechtskonform wäre und deshalb nicht beraten werden könnte! Es reicht also, wenn die Verwaltung vor der Sitzung zweifelhafte Informationen streut und damit versucht, die für sie ungünstigen Beschlüsse zu verhindern!

Die Verwaltung sah sich außer Stande, auch nur in Ansätze über sparen nachzudenken. Sie kennt nur das Denken in schwarz – weißen Kategorien. Sparen geht nur im Bereich der sogenannten „Freiwilligen Leistungen“ nicht bei den „Pflichtaufgaben“! Dazu hatte sie im Laufe der Haushaltsberatungen eine Liste vorgelegt! Obgleich FDP und UWG eigentlich auch der Überzeugung waren, dass die Verwaltung „abspecken“ müsste (Zitat Armin Barg UWG), zogen diese Parteien nicht die notwenigen Schlussfolgerungen aus dieser Erkenntnis und stimmten gegen unseren Kürzungsantrag! Selbst eine Teilung der Lasten zwischen Bürgern und Verwaltung durch Reduzierung des globalen Minderaufwandes auf 0,5 % pro Jahr haben sie nicht zugestimmt!! Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass uns dieses Thema auch deshalb erhalten bleiben wird, weil die Zeichen eher auf weiterer Verschlechterung und nicht auf Verbesserung stehen. Sollen wir dann also im Herbst über die Erhöhung der beschlossenen Steuererhöhung beschließen????

An dieser Stelle können wir nur einen ersten Eindruck von der Ratssitzung widergeben. Das Thema wird uns erhalten bleiben. Eine Gesamteinschätzung der finanzielle Situation der Stadt wird durch die Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden der AL, Rolf Ebbinghaus, deutlich.

Das Haushaltsjahr 2020 ist in vielerlei Hinsicht besonders. Es markiert zunächst das Ende der ständigen Hoffnung auf Wachstum. Oder schlicht formuliert, die sieben fetten Jahre sind vorüber. Wir haben nun nicht mehr allein ein Ausgaben- sondern auch ein Einnahmeproblem. Die Steuerausfälle im Bereich der Gewerbesteuer beruhen aber auf völlig singulären Ereignissen. Einbrüche aufgrund von strukturellen Veränderungen z. B. In der Automobilindustrie oder konjunkturelle Einbrüche z. B. in Folge der Virusepidemie oder des Zollstreits stehen uns möglicherweise noch bevor. Deshalb muss nach Auffassung der AL unser erstes Augenmerk auf der Senkung des Aufwandes liegen! Denn wohin sollen sich die Grundsteuer B entwickeln, wenn jeder Steuerausfall im gewerblichen Bereich durch Steuererhöhungen der Grundsteuer B ausgeglichen werden soll. Ein Blick auf die Verhältnisse der Steuererträge zeigt, dass eine solche Strategie schon mathematisch schnell an ihre Grenze stößt. Die Gewerbesteuer ist in Ihrem Ertrag vier mal so hoch wie die Grundsteuer B, was bedeutet, dass jeder Ausfall in der Gewerbesteuer eine vierfache Erhöhung der Grundsteuer erfordert.

Nun höre ich seit Tagen, ein globaler Minderaufwand ist nicht möglich! Und wenn Kürzungen erforderlich sind, wird zunächst auf die freiwilligen Leistungen verwiesen. Nun war diese Liste durchaus nicht vollständig und die nicht dargestellten Ausgaben – wie z. B. Hürxthalhaus und Liveness – sagen auch schon viel über die politische Ausrichtung. Aber Einsparoptionen ausschließlich bei den freiwilligen Leistungen mit ca. 1 Mio. zu sehen und die übrigen 70 Mio. für unantastbar zu erklären ist völlig verfehlt. Sicher werden wir über die eine oder andere freiwillige Leistung noch zu reden haben. Dabei werden wir uns möglicherweise auch von allzu lieb gewordenen Positionen trennen müssen. Zunächst muss es aber nur darum gehen, die freiwilligen Leistungen nicht weiter auszubauen. Und in diesem Sinne müssen wir unbedingt noch einmal über das Nordstraßenprojekt nachdenken! Neben dem Bürgerhaus, dem Hürxthalhaus und dem Begegnungshaus Wupper sollten wir es unterlassen noch eine weitere Begegnungsstätte mit hohen Folgekosten zu errichten. Wir möchten nicht in die Situation kommen, die Bücherei schließen zu müssen, weil wir aufgrund von Förderrichtlinien an den Aufwand für die Begegnungshäuser nichts ändern können.

Deckel Haushaltsplan
Buchdeckel des Haushaltsplanentwurfes 2020

Werden angedachte Projekte hinterfragt, argumentiert die Verwaltung, deren Auswirkung auf den Ergebnishaushalt sei so gering, dass auf die Projekte nicht verzichtet werden müsste. Soll heißen, Mehrbelastung geht immer, Kürzung keinesfalls. Wir erwarten von der Verwaltung, dass Sie sich der enger gewordenen Finanzsituation stellt und über Optimierungen nachdenkt. Wir könnten Ihnen an dieser Stelle ad hoc zahlreiche Maßnahmen nennen, die zu einer Optimierung führen könnten. Aber hier habe ich schon zeitlich nicht die Gelegenheit dazu. Eine Blockadehaltung wie sie von der Verwaltung zur Zeit an den Tag gelegt wird, hilft nicht weiter und ist auch längerfristig nicht durchhaltbar.

Lassen Sie mich abschließend noch einen Blick auf den Stellenplan werfen. Ja es gibt Bereiche der Verwaltung, die personell nicht hinreichend ausgestattet sind. Das gilt sicher aber nicht für alle Bereiche. Wir fordern die Verwaltung auf, alle Arbeitsabläufe auf Rationalisierungschancen zu prüfen. Das beginnt beim Umgang mit Session und endet noch nicht mit der Erfassung der Kindergartenanmeldungen. Bei einem Personalstand Mitte des vergangenen Jahres von 152 Stellen und 8 offenen Stellen, wird die Stellenzahl um 5% auf 168 angehoben. Das ist einfach zu viel! Auch hier muss mit mehr Augenmaß gearbeitet werden!

Deshalb halten wir den globalen Minderaufwand von 1 % pro Jahr nicht für eine Überforderung! Im Gegenteil. Wir erwarten von der Verwaltung einen konstruktiven Umgang mit dieser Forderung. Den hat sie bislang aber leider pauschal abgelehnt und stellt sich, aus unserer Sicht, selbst ins Abseits!

Wir können und werden einem Haushalt nicht zustimmen, der Sparen nicht zu seinem Thema macht und die Lösung ausschließlich in Steuererhöhungen sucht!

2 Kommentare

  1. Hallo aus Rade, es kann nur aus Überschüssen heraus gespart werden. Alles andere sind Kostensenkungen, Kostenreduzierung usw.. Als Wirtschaftswissenschaftler darf man auch mal klug daherkommen 🙂

    Treten allerdings die Prognosen so ein wie wir sie im Betrieb analysiert haben, dann wird es gruselig. Da helfen dann auch keine Anträge mehr. Von unseren 800 Kunden (Industrie) befinden sich derzeit 3/4 im Antragswesen zur Kurzarbeit oder machen bis zum 17.04. Zwangsurlaub. Will heissen, der Zusammenbruch der Kommunen steht in der Diskussion.

    Alles Gute.

    • Lieben herzlichen Dank für den Kommentar! Sparen ist zunächst Ausgabenverzicht! Und in diesem Sinne es gemeint! Es ist davon auszugehen, dass die Zeiten schlechter werden! Und gerade deshalb funktioniert die Deckungsstrategie über Grundsteuererhöhungen nicht. Wir werden an dem Ausgabenverzicht nicht vorüber kommen! Das Land wird sich allerdings in Folge der Krise auch überlegen müssen, ob die Termine im Rahmen der Haushaltssicherung so beibehalten werden können!

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