Haben Sie diesen Begriff schon einmal gehört?
Der Stadtrat hat sich am Dienstag mehrheitlich für dieses Konzept ausgesprochen! Unter der Voraussetzung, dass dann dafür auch die Förderzusagen eintreffen, dürfen Sie sich dann auf das neue Wohnzimmer der Stadt freuen! Oder sollte diese Baumaßnahme eher weniger ein Anlass zur Freude sein?
Für uns ist die Entwicklung des Nordstraßenprojektes ein Musterbeispiel wie aus einmal gemachten Fehler immer wieder neue Fehlhandlungen folgen und damit der Schaden immer weiter vergrößert wird.
Wir müssen deshalb zunächst einmal kurz auf die Entwicklung dieses Projektes eingehen.
2012 kaufte die städtische Wirtschaftsförderungsgesellschaft die Häuser 4,6,8 in der Nordstraße, wobei sich eine Eigentümerfamilie aus ihrem Haus gerängt fühlte. Die damalige Baudezernentin Julia Gottlieb und Politiker wollten an diesem Ort, sogenannte Stadthäuser errichten lassen, die waren damals gerade modern. Diese Häuser sollten nicht im städtischen Besitz verbleiben, sondern letztlich verkauft werden. Um aber eine möglichst gute Kontrolle über die künftigen Objekte zu besitzen, wurde zunächst ein Ideenfindungswettbewerb durchgeführt und dann eine Planung an das siegreiche Unternehmen in Auftrag gegeben. Für die fertigen Pläne fand sich am Ende aber kein privater Investor, der sie so umsetzen wollte!
Nach 2013 passierte deshalb nichts mehr. Die Bausubstanz litt unter dem Leerstand und der Hausbesitz kostete der Wirtschaftsförderungsgesellschaft viele tausend Euro an Folgekosten (Zinsen, Versicherungsbeiträge, Grundsteuer; Straßengebühren etc.). Allerdings verfestigte sich bei der Politik, insbesondere bei CDU und SPD der Eindruck, dass man Eigentümer eines besonderen Filetstückes der Innenstadt sei, welches auch im Eigentum der Stadt verbleiben sollte!
So entstand 2016 dann der Gedanke, an dieser Stelle ein Verwaltungsnebengebäude zu errichten. Ein solches Gebäude ist insofern auch notwendig, weil die angemieteten Räume für das Schul- und Jugendamt in dem ehemaligen Postgebäude für Ende 2020 gekündigt sind, und deshalb ein Handlungsdruck gegeben ist. Die WFG beauftragte ein renommiertes Düsseldorfer Architekturbüro, einen Entwurf zu fertigen. Auf dem Papier entstand auf den ersten Blick ein beeindruckendes Gebäude. Je tiefer der Architekturentwurf auf seine Realisierung überprüft wurde, stiegen die geschätzten Kosten schnell um mehr als 50%. Da dieser Entwurf auf den Einsatz von viel Glas beruhte, musste außerdem mit relativ hohen Folgekosten gerechnet werden. Wichtig für den Fortgang ist aber, dass Anfang 2017 mit einer Nutzungsfläche von ca. 750 m2 gerechnet wurde, von denen ca. 110 m2 fremd vermietet werden sollte.
Weil die wirtschaftliche Seite sich nicht so darstellte wie man gehofft hatte, blieben die Pläne erst einmal erneut liegen. Die scheinbare Lösung bahnte sich dann mit dem „Integrierten Handlungskonzept Innenstadt 2“ an. Ursprünglich sah dieses Konzept die Neupflasterung von 5 Innenstadtstraßen und die Errichtung eines Innenstadtkreisels vor. Sie wurde dann in zwei Schritten um das Verwaltungsnebengebäude Nordstraße und die Sanierung LifeNess erweitert. Weil nur die Stadt Fördergelder beantragen kann, muss die Stadt die Häuser von der WFG kaufen. Herr Nipken, 1. Beigeordneter und Verwalter der Finanzen, betonte aber immer seine Hoffnung, dass auch diese Kosten förderfähig sein würden.
Am 22. Nov. 2018 stellte dann die Verwaltung erstmalig Pläne für die Errichtung eines Verwaltungsgebäudes in der Nordstraße vor. Diese Pläne waren im Rathaus selbst gefertigt worden und versprachen deutlich niedrigere Baukosten als der Düsseldorfer Entwurf. Der Entwurf ging von einer Nutzfläche von rund 630 m² aus, die weitestgehend den Ämtern
einschließlich Wirtschaftsförderungsgesellschaft und Gleichstellungsbeauftragte zur Verfügung stehen sollte.
Am 29. Jan.2019 wurde die Neubauplanung von der Tagesordnung der Ratssitzung genommen, weil sich inzwischen Zweifel an der Förderfähigkeit der Planung eingestellt hatten. Die Pläne wurden erneut überarbeitet.
Am 19.02.19 präsentierte Herr Niedermeier von dem Stadtplanungsunternehmen MWM erstmalig das neue Konzept seines „Wohnzimmers Nordstraße“.
Wie sich inzwischen gezeigt hatte, ist die Errichtung eines reinen Verwaltungsneubaus nicht förderfähig. Gefordert wird eine multifunktionale Nutzung durch Bürger (Vereine) und Verwaltung. Damit ist das neu geplante Gebäude durch folgende Faktoren gekennzeichnet:
- Die zur Verfügung stehende Nutzfläche beträgt jetzt ca. 1150 m², davon entfallen auf Verwaltungsräumlichkeiten ca. 240 m².
- Der größte Teil der Fläche soll für Vereinsaktivitäten, Ausstellungen, Bürgerfeiern etc. genutzt werden.
- Die Ämter verlieren damit die Hälfte der Fläche, die sie heute nutzen können!
- Die multifunktionale Nutzung erfordert längere Öffnungszeiten und damit fallen höhere Folgekosten an, als bei einem reinen Verwaltungsneubau.
- Eine Veränderung der Flächennutzung zugunsten von Verwaltungsbüros ist in den nächsten 20 Jahren ausgeschlossen, wenn wir die Rückzahlung der Fördergelder nicht herbeiführen wollen!
- Wir verursachen 80% der Baukosten für andere Zwecke als der Unterbringung von Verwaltungsmitarbeitern, um 60 % der Kosten gefördert zu bekommen! Wir bauen also nicht das was wir brauchen, sondern sondern das was gefördert wird. Dabei deckt die Förderung in diesem Fall nicht einmal die Kosten, die durch die öffentlichen Flächen verursacht werden.
- Jugend- und Sozialamt sind sensible Verwaltungseinheiten die sich mit einer gleichzeitigen öffentlichen Nutzung durch Bürger kaum vertragen.
- Die Betriebskosten führen zu erheblich anwachsenden freiwilligen Leistungen, die bei knappen Kassen andere freiwillige Leistungen, wie z. B. die Bücherei, gefährden.
Wir konnten dieser Planung nicht viel Positives mehr abgewinnen. Aber entscheiden Sie, ob wir uns mit einem zweiten Bürgerhaus etwas errichten, was unsere kleine Stadt dringend benötigt.
Und warum sprechen wir von einem Wohnzimmer? Weil das der Vorschlag des Planers ist. Stadtentwickler neigen häufig zu, sprachlichen Übertreibungen.
Die SPD hat diesem Projekt auch nicht zugestimmt. Allerdings aus völlig anderen Gründen. Sie wollte an diesem Ort ein „Leuchtturmprojekt“ (Düsseldorfer Entwurf ???) verwirklichen. Und der nun vorliegende Entwurf besaß für sie zu wenig Strahlkraft! Frei nach dem Motto: „Darf es nicht auch noch ein paar Milliönchen mehr sein?“
Unsere Lösung sähe etwa folgendermaßen aus:
- Die Grundstücke in der Nordstraße werden verkauft und können für Wohnen und/oder individuellen Einzelhandel von privaten Investoren hergerichtet werden.
- Das Gebäude Lindenbaumschule wird Verwaltungsnebengebäude. Es könnten Parkplätze eingerichtet werden und es liegt wesentlich verkehrsgünstiger. Die Schule bekommt einen Neubau.
- Alternativ wäre aber auch denkbar, dass wir das ehemalige Postgebäude erwerben und darin die vorhandenen Ämter belassen und weiteren Raum für Wirtschaftsförderung und die Gleichstellungsbeauftragte schaffen. Diese Möglichkeit würde vor allem dann in Frage kommen, wenn die katholische Grundschule an ihrem jetzigen Standort bleibt und dort vergrößert wird. Die Umbaulösung wird von uns derzeit nicht bevorzugt, weil sie erhebliche Risiken birgt und zu einer starken Belastung des Schulbetriebes führt. Aber dies ist ein neues Thema!
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