Nach zweimaliger Beratung im Schulausschuss und einem Gespräch im Ältestenrat stand am 28. Mai 19 die Frage nach Neubau oder Umbau der Kath. Grundschule Lindenbaum auf der Tagesordnung des Rates. Allerdings diesmal mit einer wesentlichen Veränderung: Nach Verwaltungsvorschlag sollten nicht nur die beiden genannten Alternativen untersucht werden, sondern auch die Grundschule Bergerhof mit in Blick genommen werden.
Da wir unsere pädagogischen Argumente schon mehrfach dargestellt hatten (siehe auch hier), haben wir uns in der Diskussion im Rat speziell auf die ökonomische Betrachtung einer Investitionsentscheidung beschränkt. Der Fraktionsvorsitzende führte dazu folgendes aus:
„Anrede
Wir betrachten diese Entscheidung für so bedeutsam, dass ich es für geboten halte, Ihnen unsere Argumente vom Rednerpult vorzutragen. Warum ist uns diese Entscheidung so wichtig? Weil es die einzige Entscheidung des Rates in den kommenden Monaten ist, wenn man von Karthausen absieht, die sich mit der Zukunft beschäftigt. Ob Nordstraßenbegegnungshaus, Straßenpflasterarbeiten, Lifenesssanierung und alles was sich sonst noch in den InHK’s befindet sind im strengen ökonomischen Sinne Ausgaben für den Konsum, Investitionen in den Lebenskomfort. Die Schulentscheidung ist es nicht, hier handelt es sich auch im streng ökonomisch Sinn um eine Investition.
Ich möchte deshalb auch weiterhin die Ökonomie bemühen, um die vorgeschlagenen Alternativen zu untersuchen. Das erspart uns vielleicht eine emotionalisierte Debatte. Wir haben es an dieser Stelle mit einer klassischen Investitionsabwägung zu tun. Lassen Sie mich deshalb eine Analogie zur Hilfe nehmen. Eine Spedition steht vor der Wahl, das älteste Fahrzeug ihrer Flotte, dessen Chassis erhebliche Mängel besitzt und der Motor stark angegriffen ist zu reparieren oder mit dem doppelten Aufwand ein neues, größeres, schnelleres und sicheres Fahrzeug zu kaufen. Da das alte Fahrzeug auch nach der Sanierung nicht die Leistung des neuen bringen kann, ist diese Reparaturmaßnahme und der Vergleich der Investitionen auf den ersten Blick fragwürdig. Aber der Controller fragt danach, ob die Spedition auch die größere Leistung benötigt. Eine richtige Frage. Aber bei der größeren Ladefläche geht es nicht nur um die größere Transportleistung, sondern auch um die schnellere und wirtschaftliche Beladung. Der neue Motor ist nicht nur stärker, sondern auch effizienter. Was ich damit sagen will, es kommt bei der Investitionsentscheidung auch auf qualitative Gesichtspunkte an. Das Gebäude ist mehr als 100 Jahre alt. Damals konnten Erstklässler in einen großen Raum mit einer Tafel an der Stirnseite untergebracht werden. Die Erstklässler zwängen sich dann in Doppelbänke und schon war für die Unterrichtung von 60 Kindern alles vorbereitet. Nur, das ist nicht das Bild der Pädagogik des 21. Jahrhunderts. Der schülerzentrierte Unterricht, der die Selbsttätigkeit der Kinder und deren Kreativität fördern will, braucht andere Raumkonzepte!
Bleibt aber noch die Frage nach der Nachhaltigkeit der Entscheidung. Wenn sich unsere Spedition für die Reparatur entscheidet, bleibt das höhere Ausfallrisiko in der Zukunft, soll heißen weitere Reparaturausgaben sind nicht ausgeschlossen. Würde sich die Nachfrage verringern und die Spedition müsste ein Fahrzeug stilllegen, könnte die Wahl nur auf das ineffizientes der Flotte fallen, also auf das generalüberholte älteste Fahrzeug. In diesem Fall würde sich der hohe Reparaturaufwand auf nur wenige Jahre verteilen. Ein Indikator für eine Fehlentscheidung!
Wir besitzen eine Schulprognose die besagt, dass es in den kommenden 10 Jahren bei 8 Eingangsklassen bleiben wird. Sollte danach die Schülerzahl wirklich zurückgehen und Radevormwald würde einen weiteren Standort schließen müssen, wäre eine mögliche Neubauentscheidung von heute dann eine Fehlinvestition?
Nein!
Hätten wir neu gebaut, müsste man sich für die Schließung eines anderen Standortes entscheiden! Hätten wir nicht neu gebaut, sondern der Standort Lindenbaum würde in dieser Situation noch bestehen, müsste man sich dann für dessen Schließung entscheiden. Das bedeutet aber, dass der Finanzaufwand von 6 Mio. € sich auf nur wenige Jahre verteilt. Weil es keinen anderen Standort gibt, der in der Zukunft ähnlich hohe Sanierungskosten erfordert, wird deutlich, dass die 12 Mio. für die Finanzierung des Neubaus eine deutlich höhere Nachhaltigkeit als die 6 Mio. Sanierungskosten besitzen! Entscheiden wir uns dennoch für die Sanierung, entscheiden wir uns unter Investitionsgesichtspunkten für die deutlich schlechtere Variante, handeln also irrational!
Deshalb ist es nach unserer Auffassung nicht weiter erforderlich, eine nähere Standortuntersuchung vorzunehmen. Das nun – vor allem auf Wunsch der CDU und SPD – auch der Standort Bergerhof mituntersucht werden soll, ist an Irrationalität nicht mehr zu überbieten.
Die Finanzsituation unserer Spedition ist schon arg angespannt. Die langfristige Investitionsplanung sieht bislang keine der beiden Investitionsvarianten vor und nun kommt der Vorschlag, nicht das älteste Fahrzeug auszumustern, sondern ein jüngeres. Soll das älteste dann ohne Reparatur bis zum Zusammenbruch betrieben werden? Sollen zwei neue Fahrzeuge beschafft werden?
Das Konzept der CDU ist in dieser Frage völlig undurchsichtig? Bergerhof hat einen Sanierungsbedarf, der aber schon im Haushalt eingeplant ist! Bergerhof ist aber nicht wie Lindenbaum als schwerer Sanierungsfall zu betrachten! Es wäre schön, wenn die Fraktionen, die mit der Schulfrage auch andere Überlegungen verbinden, also vielleicht das Gelände Blumenstraße als Investitionsobjekt betrachten, dann ihre Überlegungen aufdecken würden. Eine rationale Investitionsentscheidung lässt sich nur in Kenntnis aller Einflussgrößen treffen.
Und unter den gegebenen Umständen plädieren wir unter Abwägung der ökonomischen Faktoren sowie im Interesse der Kinder und Lehrer aber auch unter dem Aspekt der Zukunftssicherung Radevormwalds für den Neubau der Grundschule am Standort Blumenstraße!“
Was hat nun die Diskussion im Rat erbracht? Es existierten zwei Beschlussentwürfe. Der Verwaltungsentwurf wollte alle drei Standort erneut untersuchen lassen, während der Beschlussentwurf der UWG vorsah, sich ausschließlich in der Planung auf den Standort Blumenstraße und damit auf den Neubau zu konzentrieren! Nach einiger Diskussion zog die UWG diesen Antrag zurück. Weil aber genau sein Inhalt unserer Auffassung entsprach, haben wir diesen Antrag als AL-Antrag erneut eingebracht. Da er der weitergehende war, musste er zuerst abgestimmt werden. Er erhielt alle AL-Stimmen und die Mehrheit der UWG-Stimmen. Schade, dass die Rationalität nicht so geschätzt wird im Rader Rat! Der Verwaltungsentwurf, der vorsieht alle drei Standorte zu untersuchen wurde dann von allen anderen Fraktionen mitgetragen. Schade! Dieses Geld (es wird geschätzt, dass es mehr als 100.000 €) sind, könnte gut an anderer Stelle Verwendung finden!
Die Verwaltung wird also mehr als 100.000 € dafür ausgeben, um das untersuchen zu lassen, was wir seit 2017 schon wissen. Wahrscheinlich nicht ganz: Gutachter neigen häufig dazu, dass gut zu achten, was der Auftraggeber als gut empfindet!
Update 13. Juni 2019: Herr Nipken hat für den kommenden Hauptausschuss in einer Liste alle kommenden Projekte zusammengefasst! Das ist sehr zu begrüßen. Wir haben so etwas immer gefordert! Dabei fällt allerdings auf, dass Herr Nipken schon die Ergebnisse der Schuluntersuchung kennt, die noch nicht einmal ausgeschrieben ist! Aber es passt in das Bild, dass wir von der bisherigen Diskussion hatten. Nach dieser Aufstellung sollen ca. 6 Mio. Euro in den Standort Lindenbaum und gleichviel in den Standort Bergerhof investiert werden! Es bleibt nur noch die Frage: Welchen Interessen wird hier eigentlich gedient?
Update 23. Jan. 2020
Zur Sitzung des Schulausschusses am 22. Jan. 2020 hatten wir einen Haushaltsbegleitantrag eingebracht, der forderte, dass die Kosten für die Entwicklung der Grundschulen im Haushalt bzw. im Haushaltssicherungskonzept dargestellt werden sollten. Die Verwaltung war mit Hinweis auf die Gemeindehaushaltsverordnung der Auffassung, dass sich die geplanten Investitonen nicht in den Haushalt einstellen ließen. Schokierender war allerdings die Mitteilung des Schulverwaltungsamtes, in welcher zeitlichen Abfolge es nun weitergehen sollte. Zunächst wir jetzt ein Ausschreibungstext erarbeitet mit dem der Gutachter gesucht werden soll. Diese Ausschreibung könnte dann frühestens Ende April/Anfang Mai veröffentlicht werden. Bei viel Glück könnte in der letzten Ratssitzung vor dem Wahl über die Auswahl des Gutachters entschieden werden. 2021 liegt dann das Gutachten auf dem Tisch und die Politik darf sich dann mit der Bewertung der Ergebnisse beschäftigen. Fallen dann Entscheidungen treten wir erst dann in einen Planungsprozess ein. Die Verbesserung der Grundschulsituation in Radevormwald wird also auf eine ganz ganz lange Bank geschoben! Bildungsrepublik sind wir halt nur in Sonntasreden, wenn es nichts kostet!
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